Ich merke, dass das Thema meiner verflossenen Schulfreundin noch nicht fuer mich abgeschlossen ist - es beschaeftigt mich seit ich den beruehmten Brief nach so vielen Jahren wiedergefunden habe. Deshalb muss ich jetzt noch was dazu schreiben, damit ich es endlich ad akta legen kann. (War in so einem Koefferchen voller Papiere und Kram, das ich ungeoffnet durch tausend Umzuege geschleppt habe.)
Die Dame hatte sehr viel Therapie gemacht. Das ist eine Schande. Sie hat mir auch mal am Telefon davon erzaehlt. Und dann ist sie von irgendwelchen Tabletten abhaengig geworden, und danach - zusaetzlich zur Therapie - noch zum 12-Schrittler mutiert: Totalschaden. Brauchbarkeit fuer den menschlichen Umgang auf Null reduziert.
Hat sie mir mal am Telefon erzaehlt, dass sich in der Therapie "herausgestellt" habe, dass ihr Vater sie zwischen 5 und 10 Jahren molestiert hatte (in der Zeit war es gerade grosse Mode, solche Sachen "heraustherapiert" zu bekommen, inzwischen hat das ein bisschen nachgelassen, die Menschheit ist skeptischer geworden ueber solche "Erinnerungen" ploetzlich aus dem Nichts.) Also nehmen wir mal an, es stimmte. Und dann kann sie sich nicht mehr an unsere Schulzeit erinnern??? Wir lernten uns doch erst kennen, als wir 10 waren! Da war das doch schon gelaufen mit dem Papa. Warum also die Jahre NACH 10 ausblockieren????? Warum will sie jetzt krampfhaft die Jahre, die ICH teilweise (Anfang 30 war auch toll!) als die besten Jahre meines Lebens betrachte, als traumatisch und ausgeblockt hinstellen?????
Und bei diesem Therapeuten muss es (ist es je anders bei Therapeuten?) darum gegangen sein, ihr "Selbstbewusstsein aufzubauen". Daher dieses ploetzliche komische Verhalten mir gegenueber. In der Schule war ich ihre einzige Freundin (ich hatte auch noch andere). Sie war dick, und so schuechtern, dass sie vor anderen (ausser mir) im wahrsten Sinne des Wortes nicht die Zaehne auseinander bekam. (Das ist sogar meiner Oma aufgefallen. Die hat immer gesagt "Diese S.... die bekommt nicht die Zaehne auseinander." Und meine andere Oma hat mal gefragt, ob die taubstumm sei, weil sie sie noch nie ein Wort hat sprechen hoeren.^^) Es hat sich also irgendwie automatisch ergeben, dass ich der "Anfuehrer" von uns zweien war. Wir machten immer, was ich wollte, und sie war mehr so der Mitlaeufer. Und .... ich machte mich oft ueber ihre Schweigsamkeit, ihr Uebergewicht, ihre komischen Familienumstaende offen lustig. Spaeter auch darueber, dass sie ewige Jungfrau war.^^
(Edit: In den 70er Jahren war es ein grosses Status-Symbol, spaetestens mit 16, 17 entjungfert zu sein. Zumindest an meiner Schule, und auch laut der "BRAVO" ^^)Nun muss sie diesem Therapeuten erzaehlt haben (oder wahrscheinlicher, ER hat es IHR erzaehlt...:/), dass sie selbst in dieser Beziehung mit mir aus der Schulzeit "untergegangen" sei, evtl. ist auch was von einem "ungesunden Ungleichgewicht" gelabert worden. Dass sie endlich ausleben muesste, wer sie wirklich ist. Da sie aber offenbar keine Ahnung hat, wer sie "wirklich ist", hat sie sich dann - wie Viele in solchen Situationen - das Therapeutische an sich als ihre "Persoenlichkeit" angeeignet. Und ist mir dann einfach mit der neuen durchtherapierten Persoenlichkeit gegenuebergetreten, hat einfach "nicht mehr zugelassen", dass ich sie "in die alte Rolle draenge". Oder irgendso ein Quatsch. Wollte mich sanft dazu zwingen, so auf sie einzugehen, wie sie "jetzt ist".
Bei mir - lebenslang im Rohmaterialzustand geblieben, danke auch - hat das natuerlich nicht gut gesessen. Daher mein komisches Gefuehl ueber die. Heute sehe ich das alles so klar. Aber 1991 hatte ich diesen Durchblick noch nicht. Auch 2005 nicht. Den habe ich erst heute. Ist das jetzt Altersweisheit, oder habe ich nur zu viel Psychogelaber gelesen und gehoert in den letzten paar Jahren? (Ich glaube an letzteres. Von Psychogelaber wird man ja bombardiert, wo man geht und steht heutzutage...) Von daher kann ich mir noch was denken, was der armen Sau wahrscheinlich ueber mich gesagt wurde, als ich anfing, mich von ihr zurueckzuziehen: Dass sie sich jetzt "positiv veraendert" haette, und die Menschen aus dem alten Umfeld (ich) oftmals damit nicht zurechtkommen, die Person so wollen, wie sie VOR der Veraeen.... aeh, HIRNWAESCHE war, die alten Rollen beibehalten will, sich selber nicht veraendern bla bla bla bla bla blaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa
Also..... im Grunde hat SIE MICH zurueckgewiesen, indem sie diese neue durchtherapierte Persoenlichkeit angenommen hat, und sich geweigert hat, so zu sein, wie ICH sie kannte. Mich einfach so behandelt hat, als waere ich jemand anders, als ich wirklich bin. Und ja - ich nehme es ihr uebel. Wenn ich mal anfange, DAFUER Verstaendnis zu haben, kann ich mich gleich begraben lassen.... :/
Nachtrag an potentielle Troll Kommentatoren: Stimmt. Die Dame ist wahrscheinlich besser dran, so eine "Freundin" wie mich los zu sein. :)
PS. Interessanterweise sind es immer diejenigen, bei denen gar nichts passiert im Leben, die die groessten "Veraenderungen" gehabt haben wollen (will heissen, haben viel Therapie gehabt). Die sass schon bevor ich nach Amerika ging, im gleichen Beamtenjob ("bei der POST, da hab ich mein AUSKOMMEN, meine ABGESICHERTHEIT, meine
RENTE"!), wo sie heute immer noch sitzt. Im gleichen Kaff, mit den gleichen Menschen im Umfeld. Will aber aufgrund von so ein bisschen Psychogelaber "veraendert" sein. ICH dagegen habe vom Praktischen her unzaehlige Male mein Leben umgewaelzt... und bin immer noch dieselbe. Komisch, gell?