Thursday, January 20, 2011

Geteiltes Leid ist halbes Leid

Stehen heute morgen zwei Damen von so Mitte 20, die sehr offensichtlich einer der tollen, kreativen Abteilungen angehoeren, hinter mir in der Kantine, und unterhalten sich.

Dame 1: "Alle Welt denkt, wir haben so einen glamoroesen Job. Dabei verstehen sie gar nicht, dass das in Wirklichkeit alles gar nicht so ist! Jeder denkt, ich bin Gott!"

Dame 2: "Jaja, das kenne ich auch. Es ist echt frustrierend. Ich sage inzwischen schon gar niemandem mehr, was ich beruflich mache!"

Und weiter noch ein bisschen in diesem Tenor, aber zum Selbstschutz stehen meine gepruegelten Ohren jetzt auf Durchzug.

Ich ziehe mental kurz Bilanz. (Zum Glueck sehen die mich nur von hinten, und nicht mein Gesicht, ich glaube, das waere in dem Moment nicht gut gekommen.):

1.)Ich bin wahrscheinlich alt genug, um die Mutter dieser Damen zu sein. 2.)Vor 10 Jahren sind die noch pubertierend auf der Junior High School herumgekickt, und ich sass schon am selben Schreibtisch in der Hoehle der Finanzabteilung hier. 3.) Die verdienen trotz ihrer Jugend wohl 3 mal so viel, als ich es je tun werde. 4.) Die erleben den Big Aeppel im Glamour Traum, so wie man ihn erleben sollte, ohne die Scheisse, die ich mitmachen muss. 5.) Und falls das mal nicht so bleiben sollte, haben sie immer noch andere Moeglichkeiten, no biggie. 6.)Die haben Kollegen, mit denen sie sich "richtig" unterhalten koennen. 7.) Ich habe mir das Leben versaut, danke fuer die Erinnerung, ich haette es naemlich fast vergessen einen Moment. 8.) Auch wenn sie nicht selber einen Blog fuehren sollten, sind sie eindeutig der Typ dafuer. Vom Big Aeppel berichten, aber nur von den Strassenschluchten und dem Wetter, denn ums Berufliche huellt man sich eher in Schweigen. Die armen Unterentwickelten da draussen haben dafuer ja doch kein Verstaendnis. So was kann man bei denen nicht sagen, die meisten haben irgendeinen Scheiss Job, und muessen wegen dem Geld. Die wuerden das nicht verstehen. Wenn man mal beruflich abjammern moechte, tut man es halt bei Seinesgleichen. Denn geteiltes Leid ist halbes Leid.

Nachtrag Freitag: Ja, ja. Vielleicht sollte ich mich einfach an den lebenstuechtigen jungen Leuten erfreuen, und mich nicht mit ihnen vergleichen. Aber wie heisst es so schoen: So weit bin ich noch nicht (und werde es auch nie sein - wenn ich zu alt werde, mich ueber sie zu aergern, werde ich sie einfach ignorieren). Denn diese Mode, die sich meine Generation gerade im Begriff ist, anzueignen - mach einen auf selbstbewusst, sei aktiv an jungen Leuten interessiert, sei lebensfroh, tu noch ein paar bunte Armreifen dazu, und keiner wird merken, dass du eine verschrumpelte alte Pflaume bist - diese Mode werde ich ganz bewusst boykottieren!

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