Ich lasse mich ungern in Kategorien stecken, denn ich passe in keine Kategorie. Ich bin nicht darauf "sozialisiert", dass man mich in eine bestimmte Gruppe einordnen kann. Ich gehoere keiner Gruppe an, viele Jahrzehnte lang ist das automatisch/unbewusst abgelaufen, heute passe ich bewusst darauf auf, dass das auch so bleibt: Ihr wolltet mich mein ganzes Leben lang nicht, als ich immer mal wieder versuchte, eine Zugehoerigkeit zu dieser oder jender Identitaet herzustellen, ihr hattet Eure Chance, jetzt KOENNT ihr mich (nicht haben), lautet meine Philosphie.
Aus mir unerklaerlichen Gruenden wurde ich trotzdem in der vergangenen Woche als Mitglied einer "Zielgruppe" spezial-auserkoren.
Kam eine Email auf dem Buero am Donnerstag: Sie war an ca. 20 Personen gerichtet (Gesamtzahl der Mitarbeiter ist mehrere Hundert), alle weiblich: Eine "Einladung". Wir seien zu einem speziellen Lunch am Freitag auserwaehlt worden, sollten bitte rueckmelden ob wir kommen oder nicht. Es ging um irgendein neues Produkt (welches, wurde nicht gesagt), das fuer uns als Zielgruppe interessant sein koennte, und man wolle unser Feedback darueber, bevor man damit an die Oeffentlichkeit geht.
Mehr wurde nicht gesagt. Schon gar nicht das, was mich am meisten interessierte, und zwar: WAS (ausser dem Geschlecht) HABEN WIR ALLE GEMEINSAM, DASS WIR EINE "ZIELGRUPPE" AUSMACHEN????? Bei genauerem Studieren der Liste von Empfaengern fing das Bild sich an zu verschaerfen: Einige der Damen kannte ich nicht, oder nur dem Namen nach, weil sie aus anderen Abteilungen stammten. Aber eine unproportionell grosse Anzahl der "Auserkorenen" war AUS MEINER ABTEILUNG, die ja bekannterweise eine ALTSCHACHTEL-Abteilung ist. Es brauchte keinen Einstein, sofort EINE Gemeinsamkeit festzustellen: DAS SIND ALLES MITTELALTERLICHE FRAUEN, aus der diese Zielgruppe besteht. Aber Moment: Da muss doch noch mehr sein: N. ist gerade mal 40, falls ueberhaupt, verheiratet, und mit ihrem 3. Kind schwanger. Was hat SIE z. B. gemeinsam mit J., einer alten Jungfer (nie verheiratet, keine Kinder) von 59? Irgendwie erschliesst sich mir das nicht. Es muss doch noch eine andere Gemeinsamkeit geben hier?
Was auch immer die Gemeinsamkeit(en), mir schwante nichts Gutes, zu ausgerechnet dieser Zielgruppe "auserwaehlt" worden zu sein, und ich sagte erstmal fuer mich ab. Dieses Lunch wuerde ohne mich stattfinden muessen. Und es war die richtige Entscheidung. Es stellte sich heraus, dass es um eine Zielgruppe VON FRAUEN UEBER 40 ging. Aber unter 60. DAS war die einzige Gemeinsamkeit. Das lasse man sich mal auf der Zunge zergehen: Typische FRAUEN UEBER 40 ALS ZIELGRUPPE. Mit MIR als potentieller Teilnehmer dabei! Ich denke, mich trifft der Schlag. Wer bin ich denn? Und was bitte, haben 40-Jaehrige und 59-Jaehrige denn als "Altergruppe" gemeinsam???? Das koennten ja fast Mutter und Tochter sein bei dem Altersunterschied. Geht. Es. Noch.
Es stellte sich hinterher heraus, dass es um irgendeinen medizinischen Quatsch ging, der interessant sein koennte "fuer die Frau ueber 40." Muss ich mir DEN Schuh wirklich anziehen? Nein. Deshalb habe ich auch abgesagt, weil ich mir dachte, dass es so was ist. Ich bin naemlich keine normale 50-Jaehrige. (Koennte fast schwoeren, dass ich das schon mehrmals gesagt habe, aber die Welt, die mich erst seit ein paar Jahren kennt, scheint das irgendwie nicht schnallen zu wollen.)
Ich fuehle mich von Produkten und Dienstleistungen - vor allem solchen MEDIZINISCHER Natur - die sich speziell "an die Frau ueber 40" richten, NICHT ANGESPROCHEN. Nicht nur das - ich lehne so etwas AKTIV AB. Jetzt mit 50 noch mehr, als mit Anfang 40. Nein, ich wuerde keine zielgruppengeeignete Ueber-40erin hergeben. Ich finde es vielmehr beleidigend und diskriminierend, zu so einem Haufen dazugezaehlt zu werden. Ich sehe weder wie 50 aus (na ja, vlt. wie 40, was mich ja auch qualifizieren wuerde), noch benehme ich mich, noch lebe ich wie eine "typische" Person dieser Altersgruppe. Noch habe ich deren Sorgen. Nichts gemeinsam. Rein gar nichts. Aber die wissen nur mein ungefaehres Alter (Geburtsdaten darf man ja hierzulande gottseidank nicht fragen im Job), und SCHWUPPS, schon bin ich eine Zielgruppe fuer die Durchschnittsfrau ueber 40. Denn wir Ueber-40-Jaehrigen haben ja schliesslich alle aehnliche Sorgen, viele Gemeinsamkeiten, oder?
Ich finde es eine glatte Unverschaemtheit, eine bodenlose Frechheit, in so einen Alt-Schachtel-Club eingeschlossen zu werden VON LEUTEN, DIE MICH GAR NICHT KENNEN, nur aufgrund EINER EINZIGEN EIGENSCHAFT. Meinen Protest habe ich ausgedrueckt, indem ich das Ding boykottiert habe. Meine Absagung erfolgte schneller, als die ihren Muell abschicken konnten. Die meisten eingeladenen Schachteln in meiner Abteilung sind hingegangen. Das sind halt Gruppentiere, typische Zielgruppenmitglieder. Da haben die Betreiber schon richtig ausgesucht. Nur, als sie meinen Namen auserwaehlten, haben sie ins Klo gegriffen.
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