Sunday, April 10, 2011

Ruck-Zuck

Jetzt muss ich tatsaechlich auch mal den Medizinern ein Lob aussprechen (obwohl ich sie ja im Grossen und Ganzen sonst eher kritisiere, und es im Bezug auf bestimmte Dinge auch weiterhin tun werde).

Gleich von Anfang an ist mir aufgefallen, wie RUCK-ZUCK das ging mit der Diagnose! Innerhalb von 12 Stunden vom Moment wo ich in die Notaufnahme kam an dem entsprechenden Sonntag Abend hatten bis zum Montag Abend eindeutig festegestellt, dass ich MS habe. Dabei war eines der wenigen Dinge, die ich bisher ueber diese Krankheit wusste, dass die Diagnose ein seeeeehr langgezogener Prozess sein soll (ui, der Gedanke allein, Grusel). Aber jetzt weiss ich, dass das gar nicht noetig ist, sondern auch anders geht. Bei allen moeglichen anderen Krankheiten wo man in ewiger Ungewissheit hingehalten wird, ist es sicher genauso. Meine Theorie.

Aufgrund meiner Symptome an dem entsprechenden Abend (die ich schon 2 Tage lang hatte, und die sich immer mehr verschlimmerten) wurde ja zuerst mal (von mir selbst, und dann auch von den Medizinern) kurz an einen Schlaganfall oder Hirntumor gedacht. Das wurde aber beindruckenderweise so schnell abgeklaert, dass ich gar nicht dazu KAM, mich verrueckt zu machen! Die ganzen Tests wurden auf der Stelle gemacht, die Resultate waren wundersamerweise auf der Stelle verfuegbar. Hochinteressant, wie ruck-zuck das gehen kann, wenn eine Sache akut ist.

Nun stelle ich mir vor, ich waere schon vor einem Jahr oder laenger zu einem Arzt gegangen mit dem, was ich inzwischen - im Nachhinein - als fruehe MS Symptome erkenne. Diese waren aber sehr vage. Wenn man mit vagen Symptomen zum Arzt geht, dann tut man das auf eigene Gefahr. Zumindest wenn man so ein Angsthase ist wie ich, und zusaetzlich nicht ein bisschen Ungewissheit aushalten kann. Wie ich. (Aus diesem Grund gehe ich ja normalerweise nicht, es sei denn es handelt sich ganz offensichtlich um etwas Kleines, "Sicheres", und nicht um etwas, was dann tausend Faesser aufmachen koennte. Oder eben um etwas wirklich Schlimmes, wo man weiss, JETZT ist was faul!) Wenn man mit vagen Symptomen zum Arzt geht, wird man erst mal grundsaetzlich auf den Kopf gestellt. Man wird von einer Ueberweisung zur anderen geschickt, ein Test nach dem anderen gemacht. Man lebt wochenlang - moeglicherweise sogar monatelang - in Ungewissheit. Man bibbert auf Termine und Testresultate, kann sich nicht mehr des Lebens freuen, weil da immer so eine Axt ueber einem haengt. Na ja, "man" heisst "ich". Die meisten Leute scheinen ja mit solchen Sachen eher gelassen umzugehen. Das finde ich schlimm, denn wenn sich niemand beklagt darueber wie man zappeln gelassen wird, dann wird sich an dieser Handhabe auch nichts aendern. Die Leute verteidigen das dann eher noch mit Spruechen wie "die wissen es halt selber nicht" (Bullshit!) und "abwarten, dann wissen wir mehr" (DIE wissen schon was, bzw. haben einen ziemlich eindeutigen Verdacht, woher wuessten sie sonst, wonach sie testen lassen sollen!)

Weil ich wegen den vagen Symptomen nichts unternommen habe, sondern die Sache habe schleifen lassen bis sie akut wurde, bekam ich blitzschnell Resultate! Auf der Stelle. Das beweist mal wieder, dass das MOEGLICH IST, aber eben normalerweise nicht so gemacht wird. Warum nicht? Warum nicht auch bei weniger angsteinfloessenden Symptomen sofortige Resultate produzieren???? Es geht doch!

Als sie sich mein CT Scan ansahen in der Notaufnahme (JA - das Resultat war auf der Stelle da, und die entsprechenden Aerzte - Neurologen - ebenfalls, oh Wunder, warum kann das nicht im Alltag so gehandhabt werden!?!), wurde mir gesagt, dass der Teil des Gehirns, der fuer die Sehkraft zustaendig ist, eine "Lesion" hat (mein Auge war schief, und alles flimmerte, u. A.), und dass aber kein Anzeichen auf Hirntumor oder Schlaganfall besteht. Dann haben die zwei Aerzte in meiner Gegenwart miteinander geredet, und es fiel zum ersten Mal der Verdacht MS. All das innerhalb von ein paar Stunden. Da fand die Unterhaltung statt, die ich am Anfang dieser Saga schon mal kurz erwaeht habe: "Aber mit 51!" "Na ja, es KANN vorkommen, und sie ist ja ganz gut beisammen fuer ihr Alter." Ich war hauptsaechlich erleichtert, dass sie mich wegen des Hirntumors beruhigt hatten. So was haette in normaler Arztpraxis auch nicht stattgefunden. Da waere man wochenlang in Ungewissheit gelassen worden, von einem Termin zum anderen geschickt. Ein MRI fand innerhalb von ein paar Stunden statt (Montag Morgen), und ein paar Stunden nach diesem kam ein Arzt in mein Zimmer. Ich - immer noch durch den Wind wegen dem "Hirntumor"- sage "ich habe doch einen Hirntumor, nicht wahr". Arzt "nein, sie haben keinen Hirntumor. Sie haben Multiple Sklerose." Das war keine 12 Stunden nachdem ich in die Notaufnahme kam. Respekt vor den Medizinern. Und das meine ich vollkommen ernst. Es folgten noch mehr Tests, aber die waren nur "zur Bestaetigung", keine gruseligen Ungewissheiten mehr.

Man stelle sich vor, wie sich das Selbe als "Aussenpatient" mit "normalen" Arztterminen sicher wochenlang hinausgezogen haette. Ich haette genug Zeit gehabt mich in den "Hirntumor" hineinzusteigern, und mich und meine Umwelt damit zunehmend verrueckter zu machen.

Wenn ich "normal" zu einem Arzt gegangen waere vor einem halben Jahr wegen z. B. einem gelegentlichen "pelzigen Gefuehl", waere zweifellos eine Lawine von Ungewissheit losgetreten worden ueber einen laaaaaangen Zeitraum hin. Was da auf mich zugekommen waere. Oh Gott. Die haetten sich Zeit gelassen. Und im Endeffekt haette es keinen Unterschied gemacht. Denn ungleich Krebs und solchen Sachen, wo's auf jeden Tag ankommt, wird MS nicht heilbarer dadurch, ob man sie jetzt ein paar Monate frueher oder spaeter diagnostiziert.

Ob ich jetzt anfange, zu Vorsorgeuntersuchungen zu gehen? Weil ich ja so viel durchgemacht habe, dass die ein Klacks dagegen waeren, und es daher ein guter Zeitpunkt, ENDLICH mal damit anzufangen in meinem Alter... Eher nicht. Gerade weil man so zappeln gelassen wird, obwohl mir bewiesen wurde, was ich schon wusste: Dass die Moeglichkeiten, etwas auf die Schnelle festzustellen, durchaus gegeben sind, aber leider nicht genutzt werden, ausser es handelt sich schon um einen Notfall. Und da liegt der Hase im Pfeffer. Es sollte auch bei vagen Symptomen (oder gar keinen, wie z. B. bei routinehafter Vorsorge) und ohne Notaufnahme so gehandhabt werden, dass man quasi auf der Stelle Gewissheit bekommt! Die technischen Moeglichkeiten sind ja sehr offensichtlich da!

Edit: Na schoen, es waren 24 Stunden - nicht 12 - bis zur Gewissheit, was ist. Kleiner Verrechner meinerseits. Aber das ist genauso beindruckend, meiner bescheidenen Meinung nach.:)

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