Sunday, April 11, 2010

Von der Akademikerin bis zum Penner an der Ecke - alle sind sich einig: hsm ist ein Edler Mensch

Fuer viele Menschen bin ich eine unbekannte Groesse. Die wissen nur die aller-basesten Aeusserlichkeiten von mir, die, die ich nicht verbergen kann, weil sie eben sichtbar sind. Und denken dann, dass sie DARAUS alles andere aus meinem Leben ableiten koennten. (Hat einen Sohn, aber man sieht und hoert nichts von einem Mann. Also alleinerziehend. Hat schon seit Jahr und Tag ein und denselben Job, kommt und geht regelmaessig, man kann die Uhr nach ihr stellen. Ein edler Mensch. Verantwortungsbewusst. Stellt sich ihren Lebensaufgaben. Hat's nicht leicht. Hut ab. Und Hochachtung.)

Ich wollte, ich koennte die paar sichtbaren Fakten fuer die Mehrzahl der Menschheit im Verborgenen halten. Denn sie benutzen sie, fuer sich daraus mein ganzes Leben abzuleiten. Und Sachen, die man NICHT sieht, werden einfach erfunden. Die Menschheit kann es nicht ertragen, mal zu sagen "Also DIE verstehe ich jetzt nicht. Die hat so viele Widersprueche, wirkt irgendwie interessant, aber man wird nicht richtig aus ihr schlau". Nein, die Menschheit nimmt stattdessen die zwei Faektchen, die ich nicht verbergen kann, beim Schopf, und bastelt sich daraus eine Lebensgeschichte und eine Charakterstudie fuer/ueber mich: Puh. Die kann man also doch in zwei Saetzen zusammenfassen. Gefahr abgewendet. Die Welt ist wieder im Lot.

Ausser der Zahnaerztin sind mir letztens noch ein paar andere Frechheiten aufgefallen/eingefallen (na ja, EINE zumindest), denen ich urspruenglich nicht viel Bedeutung beigemessen hatte. Da wohnt so ein Typ ein paar Haeusser weiter, und den trifft man immer auf der Strasse, wo er mit seinem Hund spazierengeht, oder mit irgendwelchen Nachbarn quatscht. Mit dem halte ich mal kurz ein Schwaetzchen, eigentlich nur gruessen, aber mir ist schon lange aufgefallen, dass der sich einbildet, er kennt mich. Ich habe mir schon manchmal andere Heimwege ausgesucht, nur um nicht so berechenbar fuer den zu sein. Nix nuetzt was. Ich traf ihn dann auch schon auf anderen Strassen. Ich denke mir, der stalkt mich wohl, nehme es aber nicht weiter ernst. Solange er nicht gefaeherlich wird (und dafuer gibt es keine Anzeichen) nehme ich es eigentlich wie immer als Kompliment, wenn jemand offenbar fasziniert von mir ist. Nun hat er mich vor ein paar Tagen (VOR der Zahnaerztin und dem Zirkus diese Woche) auf der Strasse angehalten, und mir gesagt, wie toll ich doch aussehe (na schoen, das sagt er immer, das hoert man ja auch gern.) Und wie toll ich ueberhaupt waere. Ich - nur kurz an den Laden an der Ecke gehend, und meine Faulenzerklamotten anhabend, die nicht besonders figur-schmeichelnd sind - verlegen kichernd an mir herumgezupft: "Danke! Aber im Moment stimmt das leider nicht, ich sehe doch gerade echt Scheisse aus!" Und der: "Ich meine jetzt auch noch nicht mal dein AUSSEHEN! Sondern DICH! Wie toll du bist, WEIL DU EINFACH JEDEN TAG WEITERMACHST! Jeden Tag machst du weiter, und das finde ich ganz bewundernswert!"

Ich hatte dem nicht viel Bedeutung beigemessen, weil ich weiss, wie der Typ ist, und dass man den wirklich nicht fuer voll nehmen kann. (Erst mal scheint er die meiste Zeit betrunken.) Aber nach der Zahnaerztin ist das alles wieder hochgekommen. WAS genau meinte er mit "immer wieder weitermachen"! Im Moment ist man ja so baff, dass einem nix einfaellt, und wenn es das tut, ist der Moment schon vorbeigezogen. Das ist doch eine FRECHHEIT OHNEGLEICHEN, zu implizieren, dass mein Leben so hart und schwer und fremdbestimmt...., und wie bewundernswert ich seit Jahr und Tag auf meinen oeden Job, um meinen Sohn ganz alleine zu.... bla bla bla bla bla" FRECHHEIT!!! UNVERSCHAEMTHEIT OHNEGLEICHEN!!!!!!!!!!!!

Dabei hatte ich doch gerade in letzter Zeit oefter erleichtert gedacht "ey, ich hoere das mit dem Alleinerziehendsein eigentlich gar nicht mehr. Das war mal mein ganz grosses Thema, und mit Sohn's Aelterwerden hat es sich irgendwie aus meinem Leben verfluechtigt".

Das war wohl ein Trugschluss. Die meisten Leute sehen mich eben doch so. Und werden es auf immer und ewig tun. Die meisten sagen es einem nur nicht ins Gesicht, so dass man sich noch nicht mal wehren kann gegen die Frechheiten. Ich hatte also doch recht, als ich mir vor ein paar Jahren mal dachte: Wenn ich morgen sterben wuerde, was wuerde die Welt ueber mich sagen: "Sie ist jeden Tag brav und bewundernswert auf die Arbeit, um alleine ihren Sohn grosszuziehen, allergroessste Hochachtung". Und ploetzlich wird das zum Fakt. Es haut mich immer wieder um, wie selbstverstaendlich die Leute davon ausgehen, dass es bei mir so ist. Und solche tief verwurzelten Vorurteile lassen sich eben nicht ausreissen, auch mit Gewalt nicht. Die sind sich noch nicht mal bewusst, wie uebergriffig sie sind. Die meinen noch, sie wuerden einem EINE FREUDE machen mit dem "Lob". Wo man doch so bescheiden ist, und gar nicht mitbekommt, was man "so alles leistet" ("Du bist etwas ganz Besonderes und weisst es noch nicht mal", oder wie der Spruch geht, mit dem man Loser aufbauen soll, die nichts im Leben erreicht haben und nur fremdbestimmt und fuer andere leben.) Und die meisten Leute hoeren so was ja gerne, und unterstuetzen es sogar. Was die damit fuer mich und mein Image anrichten, merken sie gar nicht, ich werde einfach mit den Braven in einen Topf geworfen, Label drauf, unbekannte Groesse identifiziert, neutralisiert, unter Kontrolle gebracht, Gefahr abgewendet.

Was mache ich nur falsch. Warum wird von mir im Zweifelsfall immer erst mal DAS EDLE angenommen, wo es doch SOOOOOOOOOOOOOO nichts mit den Tatsachen zu tun hat???

Ich kann nur von Glueck sagen, dass ich NIEMANDEM IN MEINEM LEBEN hier in NYC je von DEM BEKNACKTEN erzaehlt habe, bzw. nur sehr sehr wenigen, auserlesenen Menschen. Habe die Geschichte vom Beknackten ja vor ein paar Jahren bei Disy erzaehlt, und da wurden es sieben (!) lange Eintraege, weil es so kompliziert ist. Ja, ja. Es ist nicht kompliziert, ich MACHE es kompliziert. Alles schon gehoert. Es ist doch ganz einfach zusammenzufassen, die Geschichte mit dem Beknackten. Nur ist es das leider nicht. Weil wenn man sie in 3 Saetzen zusammenfassen wuerde, wuerden die Leute DIE RICHTIGE Geschichte eben doch nicht kennen. Sondern nur den Teil, den MAN SIEHT, der GESELLSCHAFTSFAEHIG IST. Und mit dem man so schoen eine Geschichte ueber mich schreiben kann, die mit der Realitaet herzlich wenig zu tun hat. Da kaemen dann so Dinge wie "Schicksalsschlag", "du hattest es aber auch schon schwer im Leben", "hoer mal. das war doch eine GANZ SCHWERE ENTSCHEIDUNG, einfach hast du dirs nicht gemacht!" Alles O-Ton, alles schon gehoert als ich noch davon erzaehlte, bevor ich meine Klappe siegelte im Leben, alles eine Frechheit. Und alles nicht mal entfernt mit den Fakten verwandt. Und um das in Zukunft zu vermeiden, wird auch kein Mensch die Geschichte von dem Beknackten erzaehlt bekommen. Denn dazu muss man DIE GANZE Geschichte kennen, oder man kommt eben zu diesen falschen Schluessen. Die mich brav und tapfer und edel dastehen lassen. So als existiere ich ueberhaupt nicht. Obwohl ich an dem Beknackten in Wirklichkeit EINE GANZ SCHLIMME SCHULD BEGANGEN HABE, und - ja - STOLZ DARAUF BIN, WEIL MAN DARAN MEINEN WAHREN (BOESEN!!!) CHARAKTER ERKENNEN KANN. Wenn man es denn nicht versucht, abzuleugnen und umzuschreiben.

Was mache ich nur falsch. Es muss an meiner Ausstrahlung liegen. Ich komme irgendwie zu harmlos herueber, und die Menschen gehen automatisch davon aus, dass ich ein Harmloschen bin. Wenn ich dem nur erfolgreich entgegentreten koennte! Alles "Boese" was ich dann tue oder von mir gebe, wird ja doch wieder herumgetrudelt werden, bis es "brav" aussieht. Mensch, ich koche vor Wut. Es gibt einen Grund, warum es immer die "Harmlosen" sind, die auf einmal ausrasten, und in den Nachrichten erscheinen. Die waren eben nie wirklich "harmlos". Das hat die Menschheit nur faelschlicherweise ueber sie gedacht, weil sich die Menschheit nicht mit komplizierten Menschen auseinandersetzen will, und daher Eigenschaften fuer solche erfindet, mit denen sie besser umgehen kann.

Nachtrag: Schon oft im Leben habe ich den hochoriginellen Ratschlag bekommen, ich koenne die Leute nicht aendern, man soll sie reden lassen, Hauptsache ICH weiss, wie es fuer mich wirklich ist. Freundlich nicken und laecheln, und sich seinen Teil denken, so soll man mit solchen Situationen umgehen. Evtl. sogar noch hoeflich und unverbindlich sagen "danke fuer die Anteilnahme", und dann stillschweigend weiterhin machen, was ich will. Um ihren Punkt zu untermauern, bringen diese wohlmeindenden Freunde und Bekannten manchmal noch Beispiele aus ihrem eigenen Leben, wo ueber/an sie auch mal dumm geredet wurde, SIE aber ganz gelassen da drueber standen, und dass AUCH ICH lernen koennte, gelassen ueber dummem Geschwaetz zu stehen. Aber eines stimmt und passt immer irgendwie nicht bei diesen Beispielen, die wohl hilfreich gemeint sind: Denn denen wurde in der Regel etwas BOESES angedichtet. Ueber die wird ABGELAESTERT. Die werden KRITISIERT. Das kann man irgendie nicht mit dem vergleichen, was ueber MICH gedacht/geredet wird. Denn die Kritisierten werden doch IRGENDWIE ALS BEDROHLICH ANGESEHEN, ihnen alles Moegliche BOESE zugetraut und nachgesagt, waehrend ich einfach als Harmloschen abgetan und GAR NICHT ERST FUER VOLL GENOMMEN WERDE, nicht als INDIVIDUUM WAHRGENOMMEN WERDE. Angeblich noch nie eine Entscheidung getroffen habe, sonderm brav das mache, was mir irgendein dubioeses "Schicksal" angeblich vorschreibt. Also irgendwie nicht das Gleiche. Wenn ich den Unterschied dann zu erklaeren versuche, werden diese meinige hoeheren Gedankengaenge meist nicht verstanden.

10 comments:

  1. "Liebe" hsm,

    hat nicht jeder Mensch verschiedene Seiten, die er nicht unbedingt jedem und jederzeit zeigt? Man muss sich schon die Mühe machen an der Oberfläche zu kratzen um einen Menschen wirklich kennen zu lernen. Für alle anderen erscheint man eben als das was man sieht/weiß. Willst du überhaupt, dass jeder alles von dir weiß? Wenn ja musst du es nach außen tragen wie z.B. Frau Z. Willst du das wirklich???

    LG Karin

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  2. Da hast du schon irgendwie recht, Karin. Das ist ein hochkompliziertes Thema, und du hast mir gerade einen neuen Aspekt aufgezeigt, ueber den ich bisher noch nicht nachgedacht hatte. Dass jeder alles von mir weiss, wuerde ich natuerlich auch nicht wollen. Trotzdem denke ich, man sollte mir irgendwie ANMERKEN, dass ich nicht die brave, tapfere, selbstlose Person bin, auf die man durch Wissen von ein paar Fakten allein leicht schliessen koennte. (Hier ist der Punkt, wo ich daran arbeiten muss, wieder meine selbstbewusste Ausstrahlung herzustellen. Die ist mir seit ich in NY bin tatsaechlich teilweise abhanden gekommen.)

    Dazu ist es mMn noch nicht mal noetig, jede Einzelheit meines Lebens zu wissen. Mir sind auch schon Leute begegnet, die schnallten mich einfach sofort, erkannten meine *echte* Persoenlichkeit, und das obwohl sie gar keine Aufreihung von Fakten oder "Fakten" wussten! Manche haben's eben einfach im Gespuer. Sehen automatisch und instinktiv unter die Oberflaeche. Leider sind diese deutlich in der Minderzahl. Die meisten gehen wirklich nur von ihren eigenen begrenzten Erfahrungen aus, und denken, so wie es fuer sie ist/waere, ist es fuer jeden anderen auch. Idealerweise haette ein Mensch genug Einfuehlungsvermoegen und Verstand, andere richtig zu "erkennen". Und zwar ohne die "Lebensgeschichte" des anderen faktisch zu kennen. Ich habe glaube ich tatsaechlich irgendwann aufgehoert, meine wahre Persoenlichkeit nach aussen zu tragen. Aus Selbstschutz. Weil das Leben in NYC so ist, wie es ist. Aber das wuerde jetzt alles zu weit fuehren...

    Voll und ganz nach aussen tragen wie Frau Z.^^ ist ja nicht noetig. (Bei der ist wirklich unter der Oberflaeche genau..... nichts!) Aber wenigstens genug, um nicht immer wieder falsch eingeschaetzt zu werden? Denn wenn mich so unterschiedliche Menschen genau gleich einschaetzen, dann liegt es wohl doch irgendwie an mir...

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  3. Ach ja. Dann gibt es noch die Leute, die mich *mit voller Absicht* so behandeln, als waere ich klein und brav, und mich auch vor anderen so hinstellen. Da nuetzt auch lautstarkes Wehren meinerseits nichts. Das hat irgendwas mit Machtausuebung und bewusstem Kleinhalten zu tun. Muttern ist da ganz gross drin, und das hat erst so vor 5 Jahren angefangen mit der. Vorher hatte sie mich eigentlich immer "richtig" gesehen. Aber Muttern ist noch mal ein ganz eigenes Thema. Ueber die koennte ich einen ganzen separaten Blog fuehren, im Ernst. Vefluchte Zahnaerztin. Diese spezielle Problematik war mit der Zeit ein bischen verblasst. Und die hat das jetzt alles wieder losgetreten.

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  4. ich frag mich warum die Leute so auf Dich reagieren. Habe mal meine Mutter gefragt (alleinerziehend, 2 Kinder), die wurde nie bemitleidet, gehochachtet. Auch wurde kein Hut gezogen o.ä.
    Ich glaub Du ziehst diese Leute einfach an. Oder sie sehen Dich und haben das Bedürfnis Dir unnötig Honig um den Bart zu schmieren ....
    Den Apekt von Karin finde ich klasse. Hat nicht jeden zu interessieren was wirklich in einem kämpft, abgeht und feiert.
    Für viele scheint das Leben aber einfacher wenn sie sich die mystischen inneren Flecken eines Menschen einfach zusammendichten.
    LG
    Mel

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  5. Tja, Mel, ich denke mir, dass es vielleicht zum grossen Teil am Zeitgeist liegt. "Frueher" wurde vor alleinerziehenden Muettern eben allgemein nicht so sehr der Hut gezogen, wie heute. Sie wurden mehr selbstverstaendlich behandelt (kannte in meiner Jugend auch mehrere). Allenfalls wurden sie kritisiert, oder "die aaaarmen Kinder" mit Wonne bemitleidet, aber "gehochachtet" (tolles Wort^^) wurden sie eben nicht. Und den Ausdruck "alleinerziehend" (bzw. single parent/single mom) gab es ueberhaupt noch nicht. Das sind neue Wortschoepfungen. Irgendwann von irgendwem erfunden, um mit dem heutigen Zeitgeist, alleinerziehende Muetter in den Himmel zu loben, einherzugehen.

    Ich bin mir gar nicht so sicher, ob ich solche Leute besonders anziehe. Ich reagiere nur empfindlicher auf die Bemerkungen, als andere. Weil sie fuer mich eben ein Abspruch meiner Selbstbestimmtheit bedeuten. Das macht mich ganz besonders allergisch. Andere "Betroffene" denken sich gar nicht viel bei solchen Bemerkungen, stimmen dem auch noch milde zu, abstreiten tun sie es auf keinen Fall, sie sagen es vielmehr auch gerne ueber sich selbst und ihr eigenes Leben ("also ich bin alleinerziehend, daher kann ich mit Problemen gut umgehen, ich MUSSTE es lernen", nur mal so als Beispiel).

    Es ist schon fast obligatorisch, sich so darzustellen, wenn man AE ist. Zumindest ist es gesellschaftlich akzeptiert, und die meisten Menschen brauchen ja bekannterweise ein Label, eine Gruppe, mit der sie sich identifizieren koennen. Dass solche Quatscher es fuer mich schlimmer machen, und andere Dummquatscher erst ermutigen, das ist denen herzlich egal. Sie sind ja in der Mehrheit, und haben somit also recht. Wenn ich als einzige auf weiter Fluhr abstreite, dass es "eben nicht so einfach ist, und Verzichte dazugehoeren", dann wird mir das eben nicht abgenommen.

    Darum muss ich ueben, die Unterhaltung mit bestimmten Leuten (wo ich eben weiss, was gleich kommt) zu "fuehren", selber zu lenken, anstatt nur passiv den Smalltalk ueber mich ergehen zu lassen, und damit ihnen die "Fuehrung" zu ueberlassen. Die Leute, die eine Zwang haben, Smalltalk zu machen, sind ja berechenbar. Die fragen immer nur nach der einen Sache, die sie ueber einen wissen, die sichtbare Sache, und der Familienstand steht da halt definitiv ganz oben. Und von der Frage - egal was ich darauf antworte - ist es dann nur noch ein kurzer Weg zum Lobgesaeusel.

    Mensch, ist das jetzt wieder ein Roman geworden. Tolle Denkanstoesse hier, danke!

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  6. Ach ja. Mir ist noch ein Beispiel eingefallen: Die fette, passiv-aggressive Nachbarin von ueber mir mit der grossen Klappe?

    Dieser Vorfall liegt schon ca. 7 Jahre zurueck, aber ich vergesse so was nicht, es nagt auf alle Ewigkeit an mir: Hat sie mich mal im Treppenhaus gefragt, was denn mein Sohn jetzt so mache (jaaaaa, so faengt es immer an). In Wirklichkeit wollte sie sich sicher nur ein paar Minuten ausruhen, bevor sie den schwierigen Aufstieg in den 2. Stock antrat, *aechz, stoehn* Das macht aber nicht besser, was danach kam. Ich ihr erzaehlt, ja, er ist jetzt mit der High School fertig, und macht gerade eine zweijaehrige Ausbildung in der Kochschule, weil er entdeckt hat, dass ihm das Spass macht. Die Reaktion auf diese doch recht banale Information hat mir fast die Socken von den Fuessen gehauen: Sie begann zu beben (voll mit Rippeleffekt durch den ganzen Fettberg), und sich an den Hals zu fassen (im Ernst, keine Uebertreibung). Ich koenne so stolz sein. So, so stolz. (Sie hat es sogar fertiggebracht, eine oder zwei Ruehrungstraenen in ihrem Auge erscheinen zu lassen. Und stell mir mal vor - das habe ich GANZ ALLEIN GEMACHT. Ich solle mal darueber nachdenken, was ich GANZ ALLEIN OHNE HILFE, OHNE MANN, FERTIGGEBRACHT habe. *bebendes wabbelfleisch*. Wie toll ich sei. Was ich geleistet habe ("Aufopferung" nicht direkt erwaehnt, aber durchaus impliziert!)

    Nun weiss ich, dass die schon seit meinem Einzug hier neidisch auf mich ist aus mehreren verschiedenen Gruenden, aber irgendwie wird es davon nicht besser. Die Spitze hat gesessen. Welche Schrott-TV Show die wohl gerade wieder geguckt hatte? Nein, es nuetzt nichts. Ich haette auf der Stelle reagieren muessen. Ich hab mirs gefallen lassen. So wie ich es mir immer gefallen lasse. Von jedem. Mir hinterher was Freches denken - davon fuehle ich mich nicht besser. Wie soll ich auch? Die passiv-aggressiven Poebler gehen durch die Welt in dem Bewusstsein, das letzte Wort gehabt zu haben. Und mein Leben beurteilen zu koennen. Das glauben die wirklich, WEIL ICH ES ZULASSE.

    Ich muss lernen, selber in solchen Situationen mit einem Thema MEINER Wahl anzufangen, DENEN Fragen zu stellen anstatt umgekehrt. Manchmal tue ich das sogar schon, aber man denkt halt nicht immer daran, und manchmal trifft es einen wirklich unerwarteterweise.

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  7. So etwa endet im schlimmsten Fall mit einer Inschrift am Grabstein "Ein liebend Mutterherz hat aufgehört zu schlagen" :-))) Dagegen kann man dann wirklich nichts mehr machen ... Eine gute Taktik ist es auch oft eine Frage mit einer Gegenfrage zu beantworten. Schon mal versucht?

    LG Karin

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  8. "Ein liebend Mutterherz hat aufgehört zu schlagen"

    Hallo Karin, DAS hat mir doch tatsaechlich einen Grinser aufs Gesicht gezaubert. :)

    Im Ernst: Das mit der Gegenfrage habe ich ja gerade vor, zu ueben (hatte zum Glueck noch keine Situation, wo das akut wurde. Es gibt wie gesagt nur wenige Menschen, die so bloed quatschen, dafuer haut es bei mir umso haerter rein). Bzw. so was aehnliches: Schnell das Thema wechseln: Also "Danke gut, und was machen Ihre/Deine Kinder/Familie"?

    Es ist ja auch nicht so, als wuerde ich nicht gerne ueber meinen Sohn erzaehlen. (Er ist die wichtigste Person in meinem Leben, und ich wuerde alles fuer ihn tun - nicht dass ich solche Sentimente "den Leuten" auf die Nase binden wuerde... das ist privat). Leider fuehrt das Thema fast immer in die "tapfere genuegsame AE, Hut ab" Wueste, und muss daher im Keim erstickt werden. Sohn versteht das uebrigens, ist selber genervt von dem Gesalbe, und weiss, dass ich ihn sehr liebhabe, und es mit ihm persoenlich absolut NICHTS zu tun hat. Sondern nur mit der Bloedheit mancher Leute.

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  9. Tja damit hab ich dir meinen persönlichen Alptraum verraten :-) Mir geht es ein wenig wie dir, ich möchte einfach nicht aufs Muttersein reduziert werden ...

    LG Karin

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  10. So weit reduziert, dass die Leute - wenn sie merken, dass da jemand moeglicherweise nicht sein Potential im Leben ausgelebt hat - sofort mit der "Erklaerung" des Mutterseins kommen. ("Na, ja, sie KONNTE ja bla bla bla nicht, sie MUSSTE ja bla bla bla..."Auch wenn die tatsaechlichen Gruende fuer ein Leben, dass auf den ersten Blick spartanisch und "reduziert" wirken muss, vollkommen andere sind, und NUR mit freier Auswahl und Egoismus zu tun haben und nicht mit "Verzicht".

    SIE fuehlen sich dann besser, und gehen zur Tagesordnung ueber, ohne zu erahnen, was sie da bei mir angerichtet haben, Proteste meinerseits hartnaeckig missverstehend oder abstreitend...

    Das macht innerlich sehr einsam. Ich bin kein Mensch, der ueber so was einfach grosszuegig hinwegsehen kann. Es zehrt an mir. Ich muss nicht zwingend "gemocht" werden, aber es ist mir ein GRUNDBEDUERFNIS, BEGRIFFEN zu werden. Auch wenn das in Antipathie resultieren sollte. Dieser Teil ist mir dann eher zweitrangig. Und - Hand aufs Herz - wer wirklich jeden Teil von mir begriffen hat, wird mich nicht moegen. Aber begriffen hat derjenige mich. Darauf kommt es an.

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