Mir ist gerade in irgendeinem Zusammenhang mal wieder etwas eingefallen, was ich noch nie wirklich verstehen konnte, und worauf ich hoffentlich irgendwann in meinem Leben noch mal eine Antwort finden werde: WAS sind das fuer Leute, die mal ein paar Jahre hier, ein paar Jahre dort verweilen, und - und das ist der springende Punkt - es von vornherein so geplant haben? Also an einen Ort oder in einen Job oder in eine Wohnung kommen und wissen "da bin ich jetzt zwei Jahre, und danach mache ich 3 Jahre XYZ, bla bla bla".
Gerade NY ist voll von solchen Leuten. Leute, die nur ein paar Jahre hier sind, und das von vornherein wissen. Die halten sich wohl alle fuer aufgeschlossene Weltenbummler, aber sind in Wirklichkeit natuerlich genau das Gegenteil: Alles fuer Jahre im Voraus geplant, schon wissend, was sie in zwei Jahren machen werden. Und als Sahnehaeubchen sich immer das Hintertuerchen "Heimat" (wo auch immer die ist) offenhalten. Oftmals werden diese "Zigeuner" noch von der Heimat aus beschuetzt, werden nie wirklich Buerger des Ortes, an dem sie "mal beruflich ein paar Jahre bla bla blaaaaaaaaaaaaaaaaa", nie wirklich Teil der lokalen Kultur. Denn sie wissen ja, dass sie in ein paar kurzen Jaehrchen schon wieder "in der Heimat", oder ganz woanders, sein werden. Gibt es etwas Spiessigeres, als solche Berechnung, solche Verplanung fuer Jahre im Voraus? Kaum.
Ja, ich selbst bin auch schon viel umgezogen. Aber mit einem gravierenden Unterschied zu oben beschriebenen Zeitgenossen:
Jeder neue Ort, jeder Neuanfang sollte fuer mich das permanente Angekommensein darstellen.
Mit jeden Neuanfang hatte ich das Gefuehl: "So, das ist es jetzt. Jetzt bin ich angekommen. An diesem Ort/in diesem Job/bei diesem Wasweissich will ich bis an mein Lebensende bleiben. In dieser Situation koennte und kann ich ohne Weiteres alt werden. Endlich habe ich ES gefunden. Das grosse ES, nach dem ich unbewusst schon mein Leben lang gesucht habe."
Dass ich dann irgendwann aus der entsprechenden Situatiion herauswuchs, und doch wieder was Neues anfing, ist in Ordnung. Denn es war nicht kalkuliert. Es war schlicht der natuerliche Lauf meiner persoenlichen inneren Entwicklung: Kommende Umbrueche sind fuer mich nie absehbar, denn woher soll ich heute wissen, wie ich mich in zwei, oder 5, oder 10 Jahren fuehlen werde???
Ich verlasse nach X Jahren eine Situation, weil ich auf einmal eine gewisse innere Unruhe verspuere, gelangweilt bin, einfach mal etwas anderes will. Das kann man aber im Voraus nicht kommen sehen. Spontaner Umbruch ist nicht mit geplantem "Umbruch" zu vergleichen. Der geplante Umbruch ist ueberhaupt kein Umbruch in diesem Sinne. Er MUSS ja stattfinden, weil man sich eben nur fuer X Jahre fuer die Situation verpflichtet hat, und entsprechend geplant hat. Wie man sich innerlich fuehlt, ob man fuers Weiterziehen ueberhaupt bereit ist, das ist zur Nebensache geworden.
Tja, Leute. Wo bleibt bei so einer Lebensfuehrung das Spontane, das Echte? Man koennte die entsprechenden Jahre genausogut im Haeuschen im Gruenen in Castrop-Rauxel zubringen. Das waere nicht *mehr* berechenbar und spiessig...
"Zigeuener-Syndrom" ist hier eigentlich keine faire Bezeichnung. Denn soviel ich weiss, planen Zigeuner nicht im Voraus, wie lange sie an einem Ort bleiben, sondern ziehen spontan weiter, wenn sie den inneren Drang verspueren. Diese verplanten Spiesser, die "mal ein paar Jahre im Ausland verbringen", also mit Zigeunern zu vergleichen, ist nicht gerecht den Zigeunern gegenueber.
(PS. Mir ist vollkommen klar, dass "Zigeuner" heute kein politisch korrektes Wort mehr ist. Aber ich bin der deutschen Sprache nicht mehr maechtig genug, um die neue Bezeichnung zu wissen (hab sie mal gelesen, aber wieder vergessen, ich glaube, es sind sogar zwei verschiedene). Und ich benutze das Wort, um hier einen Punkt zu illustrieren. Im Uebrigen ist im Englischen das Wort "gypsy" vollkommen unanstoessig.)
PPS. Ich verspuere zur Zeit selber wieder diese innere Unruhe, diesen Drang, einen Umbruch zu starten, einen Neuanfang. Weiss aber leider noch nicht, welche Form er annehmen soll, und in welchem Ausmass. Das ist fuer mich recht ungewoehnlich. Denn bei meinen bisherigen Umbruechen war ich immer ZUERST in die Idee der neuen Situation verrannt, und DANN so als Nachgedanke kam mir die Idee, selber in die Situation einzusteigen. Ganz spontan. Diesmal weiss ich nicht, was ich will. Nur so viel: Wenn ich die Antwort finde, musss es permanent und auf Lebenszeit sein. Zumindest bis ich wieder unruhig werde.